Freitag, 23. Januar 2015

Wer solche Kumpels hat, braucht keine Expartner mehr ...

Obligatorischer Disclaimer: Eigentich wollte ich etwas furchtbar Böses und Satirisches schreiben, um meinen Ruf zu verteidigen. Doch nach einer aktuellen Diskussion ist mir die Lust auf gemeine Späße gründlich vergangen und einem verzweifelten Drang gewichen, die von den bösen Frauen Gegeißelten aufzuklären, falls bei ihnen noch etwas zu retten ist. Ganz wichtig und so banal, dass man es eigentlich nicht ansprechen bräuchte, aber in der Realität immer wieder hervor heben muss: Mir ist bewusst, dass es immer Ausnahmen von der Regel gibt. Dass nicht alle so sind. Frei nach dem Motto "Männer sind Schweine, Frauen aber auch." Beziehungen, generell Zwischenmenschliches, sind keine Wissenschaft. Wenn überhaupt, sind sie mit ihrer mysteriösen Unberechenbarkeit am ehesten mit Alchimie zu vergleichen. Aber am Ende haben uns alle lieb. Zufrieden?


Für die Dating-Welt ist die ominöse Friendzone so etwas wie die Illuminati. Eine Verschwörung, die dazu führt, dass "netteKerle" am ausgestreckten Arm verhungern, während "douchebags" immer Möglichkeiten finden, innerhalb einer unbegrenzten Auswahl williger Opfer einen wegzustecken.


Leute, die sich als Single penetrant über die Friendzone beschwert haben, möchte ich in einer Beziehung niemals meckern hören, wenn ihre Partnerin eifersüchtig ist auf Freunde des anderen Geschlechts. Denn wenn man die Wehklagen eines solchen Friendzone-Opfers ernst nehmen darf, sieht er anscheinend in jeder Freundin verkapptes Beziehungspotential und war in jede von ihnen schon mal hoffnungslos verliebt, jedoch aufs Abstellgleis geschoben worden. Was soll frau dann vom unschuldigen "Wir sind nur Freunde" halten? Und wer möchte mit jemand zusammen sein, der eisern wie ein quengelndes Kind am Lolli, an der Überzeugung festhält, etwas Nettigkeit und Sympathie verpflichtet den Gegenpart dazu, sich sofort in ihn zu verlieben?


Des weiteren haben Menschen, die vehement gegen das Phänomen Friendzone wettern und dabei alle Register des Sexismus ziehen (Nicht vergessen: Frauen sind kaltherzige Succubi, die einene armen Verliebten ins Fegefeuer der Friendzone herabstoßen, um ihn dort jeglicher Energie und monetären Güter zu berauben), in meinen Augen eine etwas verdrehte Vorstellung von Freundschaft und Beziehungen. Aber hey, nachdem sich das Durchschnittsalter dieser Leidensgemeinschaft auf biblische 16-30 Jahre beläuft, haben sie wohl mehr als genug Erfahrungswerte erhoben, um im Brustton der Überzeugung Koryphäen mit "Alle Frauen..." zum Besten zu geben. Nicht reif genug für die Liebe, aber reif genug für Zynismus – so mögen es die Mädels!


Ich finde es unglaublich schade, wie echte Freundschaft ohne den ekelhaften Zusatz "Zone", der längst amputiert gehört, herabgestuft wird zu einer Art sexuellen Reservebank. Jungs, wenn eine Frau jahrelang mit euch befreundet ist und in dieser ganzen Zeit keinerlei weitere Schritte unternommen hat, kann es tatäschlich sein, dass sie es auch niemals tun wird. Und das hat nichts damit zu tun, dass ihr nicht gut genug seid, ganz im Gegenteil: Ihr werdet als Mensch geschätzt. Nur eben nicht als potentieller Beziehungspartner. Ist das für Menschen, die teilweise Master-Abschlüsse vorzuweisen haben, so schwer zu verstehen?




Bedenklich finde ich den Geier-Instinkt vieler männlicher Zeitgenossen, mit eindeutigen Avancen gerade dann aus ihrem Unterschlupf zu flattern, wenn eine "Freundin" an einer Trennung zu knabbern hat. Als hofften sie, in ihrem verwundbarsten Moment würde es der Dame endlich wie Schuppen vor Augen fallen, dass der "Richtige" die ganze Zeit sich in ihrer Nähe versteckt hat. Leider funktioniert das nur in Romanitk-Komödien so. Und die sind selbst für XX-Chromosom-Trägerinnen nur mit viel Alkohol und Knabberkram zu ertragen. Mal ehrlich: Wollt ihr wirklich eine Beziehung auf Basis der Verzweiflung? Gebt ihr euch damit zufrieden, der letzte Strohhalm zu sein, wenn alle Rosen (mit und ohne Dornen) vergriffen sind? Habt ihr so wenig Selbstwertgefühl?


Apropos Selbstwertgefühl: So mancher von Friendzone Befallene schreckt nicht davor zurück, der Angebeteten subtil ein schlechtes Gewissen zu machen, indem er völlig undurchschaubar über seine Bemühungen gegenüber Frauen und sein Pech bei denselbigen klagt. Applaus, Applaus, er hat das System geknackt! Mitleid und Manipulation waren seit jeher die perfekte Basis für eine Beziehung ... oder?


Viele beklagen sich darüber, warum die Frau nicht mit ihnen zusammen sein möchte, obwohl sie doch ganz offensichtlich "der Richtige" für sie sind. Die knallharte Wahrheit: Wenn die Frau keine Beziehung mit euch wünscht, dann seid ihr – trotz aller Bemühungen, aller positiven Eigenschaften und allem Drum und Dran – für diese Frau nicht der Richtige. Aus die Maus. Ab zum Wundenlecken oder in die Männerrechtsbewegung.
Meine Mutter hat einmal etwas sehr Kluges gesagt, das ich an dieser Stelle frei zitieren möchte: "Wie kann sich jemand anmaßen, Liebe zu fordern? Niemand hat ein automatisches Anrecht darauf, geliebt zu werden. Wenn die Menschen das einsehen würden, gäbe es viel weniger Herzschmerz." Etwas zynisch, aber zutreffend. Mit einer Erwartungshaltung – wenn man dies macht, MUSS der L-Effekt eintreten – rennt man oftmals gegen eine Wand.


Da ich als Thought-Catalog-Junkie Listen nun mal liebe, bemühe ich mich mal um eine übersichtlichere Aufstellung von Gründen, warum eine Frau, mit der ihr euch sonst super versteht, euch nicht sofort um den Hals oder in den Schritt fällt. Und ja, es ist nicht bloß eine faule Ausrede - mit Beziehungen kann man eine Freundschaft zerstören. Denn:


  • Freundschaften wahren im Gegensatz zu Beziehungen eine gesunde Distanz, was gerade für Menschen, die mit Ersterem traumatisierende Erfahrungen gemacht haben, eine Oase der Ruhe ist. Egal wie eng man mit einem Menschen befreundet ist, steht er einem niemals so nahe wie der eigene Partner in dem Sinne, dass seine Probleme, Ausbrüche, Macken einen nicht so tief persönlich treffen. Differenzen, die in einer Beziehung ein automatischer Trennungsgrund wären, lassen sich in einer freundschaftlichen Konstellation viel eher sachlich ausdiskutieren. Wenn Partner sich zerkrachen und wieder zusammen kommen, feixt jeder hinter vorgehaltener Hand über "On/Off-Beziehungen". In einer Freundschaft hingegen ist es eher akzeptabel, dass man sich in die Haare bekommt, verzeiht, sich zusammenrauft.
  • Aus diesem Grund kann man in Freundschaften über viele Dinge offener reden, sich geben, wie man ist, ohne Angst vor Zurückweisung. Da man kein romantisches Interesse vor sich hat, ist man nicht so sehr bemüht darum, sich von der besten Seite zu zeigen. Klar, in einer idealen Welt müsste man das in einer Beziehung auch nicht. Aber ich habe hier noch nirgends ein Schild mit "Willkommen in Utopia" gesehen.
  • Ironischerweise kann genau diese Offenheit dagegen sprechen, mit einem guten Freund zusammenzukommen: Er weiß einfach zuviel. Stellt euch einen gehässigen Exfreund vor, der aufgrund einer vorangehenden Freundschaft sämtliche Ängste, Schwächen und Abgründe der Verflossenen kennt. Meine spontane Reaktion auf eine solche Vorstellung wäre: Kill it, kill it with fire!
  • Für Beziehungen und Freundschaften gelten unterschiedliche Auswahlkriterien. Grundsätzlich bildet bei beiden Sympathie die Basis, doch die Ausläufer in beide Richtungen können unterschiedlich aussehen. In Freundschaften, da man trotz der Nähe eine gewisse Distanz wahrt (siehe oben), kann man Kompromisse eingehen und stört sich auch nicht an Persönlichkeitsmerkmalen oder Eigenarten, die für eine romantische Beziehung Ausschlusskriterien wären. Bei Freundschaften ist man toleranter, da man der Person zwar nahesteht, aber nicht quasi am "Puls" ihrer Gefühls- und Gedankenwelt lebt.
  • Apropos Auswahlkriterien: Manchmal funkt es einfach nicht. Charakterlich passen die Menschen wunderbar zusammen, aber irgendein winziges Aber, irgendein Faktor X – nennen wir es Pheromone oder whatever – stellt sich quer. Oder es gibt Warnzeichen, bei denen man in einer Freundschaft ein Auge zudrückt, die sich aber zu vollwertigen Problemen entwickeln würden, ginge man eine Beziehung ein.
  • Nicht zuletzt kann es sein, dass die Frau so lange einem Selbstmitleidtrip ausgesetzt worden ist, dass sie sich vor lauter Schuldgefühlen nicht traut, mit einem Menschen, der als romantisches Interesse nun mal nicht in Frage kommt, komplett den Kontakt abzubrechen. Eben weil sie nicht als herzloser Succubus dastehen möchte, nur weil sie Dating-Auslagen für Essen gehen etc nicht sofort mit grenzenloser Liebe auszugleichen vermag.
  • Man glaubte es nicht: Auch unter den Frauen existieren Gefühlslegasthenikerinnen, die die Bemühungen des "Freundes" als Freundlichkeit abtun und die Absichten dahinter aus Naivität oder mangelndem Selbstbewusstsein (Was? Er? Steht auf MICH? Kann nicht sein!) nicht verstehen wollen oder können. Sie brauchen Anzeichen, die sich hundertprozentig mit den Listen aus Fraunenzeitschriften und Beziehungsblogs decken, die absolute Zustimmung ihrer Freundinnen und am besten eine notarielle Beurkundung des männlichen Gefühlszustands. Oder einfach nur, dass der Mann den Mund aufmacht.


Und wenn ich mit all meinen Freunden zusammenkäme ... bei wem könnte ich mich dann noch über die Macken des Partners ausheulen und mir Erfahrungstipps abolen? Jeder Mensch braucht einen Freund des anderen Geschlechts, zumindest um den Wahnsinn dieses anderen Geschlechts aus der Sicht eines Betroffenen besser verstehen zu können.


1 Kommentar:

Für Autogrammwünsche, Morddrohungen und die obligatorischen empörten Aufschreie.