Für die Dating-Welt ist die ominöse Friendzone so etwas wie die Illuminati. Eine Verschwörung, die dazu führt, dass "netteKerle" am ausgestreckten Arm verhungern, während "douchebags" immer Möglichkeiten finden, innerhalb einer unbegrenzten Auswahl williger Opfer einen wegzustecken.
Leute, die sich als Single penetrant über die Friendzone beschwert haben, möchte ich in einer Beziehung niemals meckern hören, wenn ihre Partnerin eifersüchtig ist auf Freunde des anderen Geschlechts. Denn wenn man die Wehklagen eines solchen Friendzone-Opfers ernst nehmen darf, sieht er anscheinend in jeder Freundin verkapptes Beziehungspotential und war in jede von ihnen schon mal hoffnungslos verliebt, jedoch aufs Abstellgleis geschoben worden. Was soll frau dann vom unschuldigen "Wir sind nur Freunde" halten? Und wer möchte mit jemand zusammen sein, der eisern wie ein quengelndes Kind am Lolli, an der Überzeugung festhält, etwas Nettigkeit und Sympathie verpflichtet den Gegenpart dazu, sich sofort in ihn zu verlieben?
Des weiteren haben Menschen, die vehement gegen das Phänomen Friendzone wettern und dabei alle Register des Sexismus ziehen (Nicht vergessen: Frauen sind kaltherzige Succubi, die einene armen Verliebten ins Fegefeuer der Friendzone herabstoßen, um ihn dort jeglicher Energie und monetären Güter zu berauben), in meinen Augen eine etwas verdrehte Vorstellung von Freundschaft und Beziehungen. Aber hey, nachdem sich das Durchschnittsalter dieser Leidensgemeinschaft auf biblische 16-30 Jahre beläuft, haben sie wohl mehr als genug Erfahrungswerte erhoben, um im Brustton der Überzeugung Koryphäen mit "Alle Frauen..." zum Besten zu geben. Nicht reif genug für die Liebe, aber reif genug für Zynismus – so mögen es die Mädels!
Ich finde es unglaublich schade, wie echte Freundschaft ohne den ekelhaften Zusatz "Zone", der längst amputiert gehört, herabgestuft wird zu einer Art sexuellen Reservebank. Jungs, wenn eine Frau jahrelang mit euch befreundet ist und in dieser ganzen Zeit keinerlei weitere Schritte unternommen hat, kann es tatäschlich sein, dass sie es auch niemals tun wird. Und das hat nichts damit zu tun, dass ihr nicht gut genug seid, ganz im Gegenteil: Ihr werdet als Mensch geschätzt. Nur eben nicht als potentieller Beziehungspartner. Ist das für Menschen, die teilweise Master-Abschlüsse vorzuweisen haben, so schwer zu verstehen?
Bedenklich finde ich den Geier-Instinkt vieler männlicher Zeitgenossen, mit eindeutigen Avancen gerade dann aus ihrem Unterschlupf zu flattern, wenn eine "Freundin" an einer Trennung zu knabbern hat. Als hofften sie, in ihrem verwundbarsten Moment würde es der Dame endlich wie Schuppen vor Augen fallen, dass der "Richtige" die ganze Zeit sich in ihrer Nähe versteckt hat. Leider funktioniert das nur in Romanitk-Komödien so. Und die sind selbst für XX-Chromosom-Trägerinnen nur mit viel Alkohol und Knabberkram zu ertragen. Mal ehrlich: Wollt ihr wirklich eine Beziehung auf Basis der Verzweiflung? Gebt ihr euch damit zufrieden, der letzte Strohhalm zu sein, wenn alle Rosen (mit und ohne Dornen) vergriffen sind? Habt ihr so wenig Selbstwertgefühl?
Apropos Selbstwertgefühl: So mancher von Friendzone Befallene schreckt nicht davor zurück, der Angebeteten subtil ein schlechtes Gewissen zu machen, indem er völlig undurchschaubar über seine Bemühungen gegenüber Frauen und sein Pech bei denselbigen klagt. Applaus, Applaus, er hat das System geknackt! Mitleid und Manipulation waren seit jeher die perfekte Basis für eine Beziehung ... oder?
Viele beklagen sich darüber, warum die Frau nicht mit ihnen zusammen sein möchte, obwohl sie doch ganz offensichtlich "der Richtige" für sie sind. Die knallharte Wahrheit: Wenn die Frau keine Beziehung mit euch wünscht, dann seid ihr – trotz aller Bemühungen, aller positiven Eigenschaften und allem Drum und Dran – für diese Frau nicht der Richtige. Aus die Maus. Ab zum Wundenlecken oder in die Männerrechtsbewegung.
Meine Mutter hat einmal etwas sehr Kluges gesagt, das ich an dieser Stelle frei zitieren möchte: "Wie kann sich jemand anmaßen, Liebe zu fordern? Niemand hat ein automatisches Anrecht darauf, geliebt zu werden. Wenn die Menschen das einsehen würden, gäbe es viel weniger Herzschmerz." Etwas zynisch, aber zutreffend. Mit einer Erwartungshaltung – wenn man dies macht, MUSS der L-Effekt eintreten – rennt man oftmals gegen eine Wand.
Da ich als Thought-Catalog-Junkie Listen nun mal liebe, bemühe ich mich mal um eine übersichtlichere Aufstellung von Gründen, warum eine Frau, mit der ihr euch sonst super versteht, euch nicht sofort um den Hals oder in den Schritt fällt. Und ja, es ist nicht bloß eine faule Ausrede - mit Beziehungen kann man eine Freundschaft zerstören. Denn:
- Freundschaften wahren im Gegensatz zu Beziehungen eine
gesunde Distanz, was gerade für Menschen, die mit Ersterem
traumatisierende Erfahrungen gemacht haben, eine Oase der Ruhe ist.
Egal wie eng man mit einem Menschen befreundet ist, steht er einem
niemals so nahe wie der eigene Partner in dem Sinne, dass seine
Probleme, Ausbrüche, Macken einen nicht so tief persönlich
treffen. Differenzen, die in einer Beziehung ein automatischer
Trennungsgrund wären, lassen sich in einer freundschaftlichen
Konstellation viel eher sachlich ausdiskutieren. Wenn Partner sich
zerkrachen und wieder zusammen kommen, feixt jeder hinter
vorgehaltener Hand über "On/Off-Beziehungen". In einer
Freundschaft hingegen ist es eher akzeptabel, dass man sich in die
Haare bekommt, verzeiht, sich zusammenrauft.
- Aus diesem Grund kann man in Freundschaften über viele Dinge
offener reden, sich geben, wie man ist, ohne Angst vor
Zurückweisung. Da man kein romantisches Interesse vor sich hat, ist
man nicht so sehr bemüht darum, sich von der besten Seite zu
zeigen. Klar, in einer idealen Welt müsste man das in einer
Beziehung auch nicht. Aber ich habe hier noch nirgends ein Schild
mit "Willkommen in Utopia" gesehen.
- Ironischerweise kann genau diese Offenheit dagegen sprechen,
mit einem guten Freund zusammenzukommen: Er weiß einfach zuviel.
Stellt euch einen gehässigen Exfreund vor, der aufgrund einer
vorangehenden Freundschaft sämtliche Ängste, Schwächen und
Abgründe der Verflossenen kennt. Meine spontane Reaktion auf eine
solche Vorstellung wäre: Kill it, kill it with fire!
- Für Beziehungen und Freundschaften gelten unterschiedliche
Auswahlkriterien. Grundsätzlich bildet bei beiden Sympathie die
Basis, doch die Ausläufer in beide Richtungen können
unterschiedlich aussehen. In Freundschaften, da man trotz der Nähe
eine gewisse Distanz wahrt (siehe oben), kann man Kompromisse
eingehen und stört sich auch nicht an Persönlichkeitsmerkmalen
oder Eigenarten, die für eine romantische Beziehung
Ausschlusskriterien wären. Bei Freundschaften ist man toleranter,
da man der Person zwar nahesteht, aber nicht quasi am "Puls"
ihrer Gefühls- und Gedankenwelt lebt.
- Apropos Auswahlkriterien: Manchmal funkt es einfach nicht.
Charakterlich passen die Menschen wunderbar zusammen, aber irgendein
winziges Aber, irgendein Faktor X – nennen wir es Pheromone oder
whatever – stellt sich quer. Oder es gibt Warnzeichen, bei denen
man in einer Freundschaft ein Auge zudrückt, die sich aber zu
vollwertigen Problemen entwickeln würden, ginge man eine Beziehung
ein.
- Nicht zuletzt kann es sein, dass die Frau so lange einem
Selbstmitleidtrip ausgesetzt worden ist, dass sie sich vor lauter
Schuldgefühlen nicht traut, mit einem Menschen, der als
romantisches Interesse nun mal nicht in Frage kommt, komplett den
Kontakt abzubrechen. Eben weil sie nicht als herzloser Succubus
dastehen möchte, nur weil sie Dating-Auslagen für Essen gehen etc
nicht sofort mit grenzenloser Liebe auszugleichen vermag.
- Man glaubte es nicht: Auch unter den Frauen existieren
Gefühlslegasthenikerinnen, die die Bemühungen des "Freundes"
als Freundlichkeit abtun und die Absichten dahinter aus Naivität
oder mangelndem Selbstbewusstsein (Was? Er? Steht auf MICH? Kann
nicht sein!) nicht verstehen wollen oder können. Sie brauchen
Anzeichen, die sich hundertprozentig mit den Listen aus
Fraunenzeitschriften und Beziehungsblogs decken, die absolute
Zustimmung ihrer Freundinnen und am besten eine notarielle
Beurkundung des männlichen Gefühlszustands. Oder einfach nur, dass
der Mann den Mund aufmacht.
Und wenn ich mit all meinen Freunden zusammenkäme ... bei wem könnte ich mich dann noch über die Macken des Partners ausheulen und mir Erfahrungstipps abolen? Jeder Mensch braucht einen Freund des anderen Geschlechts, zumindest um den Wahnsinn dieses anderen Geschlechts aus der Sicht eines Betroffenen besser verstehen zu können.
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